Die Schlange der San: Am Fish River Canyon

Tag 16
Der Fish River im gleichnamigen Canyon. Der Fluss hört hier nicht plötzlich auf, sondern wird durch die unheimlich steil aufragenden Felsen verdeckt...
Seit 250 Millionen Jahren frisst sich der Fluss in Serpentinen durch das Gestein. Nach der Regenzeit führt der Canyon am meisten Wasser. Gut zu erkennen: Die einzelnen Gesteinsschichten, durch die sich das Wasser nach und nach hinab gegeraben hat.
Wer einmal in den USA am Rande des  Grand Canyon gestanden hat, kennt dieses überwältigende Gefühl: Man spürt plötzlich angesichts der Majestät der riesigen Felsformationen, durch die sich ein reißender Fluss frisst, wie bedeutungslos man selbst ist. Seit 250 Millionen Jahren gräbt sich der Fish River hier tiefer und tiefer in das Gestein. Die letzten 50.000 Jahre dürfte es hier genau so ausgesehen habe wie heute. Wie viele Generationen von Menschenleben wären das wohl? Zu rechnen macht gar keinen Sinn. Denn eines steht fest: Den Fish River Canyon wird es noch lange geben, nachdem die Menschheit nicht mehr existiert. Er war vorher da und bleibt es auch.
Im Canyon selbst können im Sommer bis zu 50 Grad Hitze im Schatten herrschen. Wandern ohne Führung oder Anmeldung ist daher streng verboten.

Hier starten die Wanderungen durch den 60 Kilometer langen Canyon nach Ais-Ais, was soviel heißt wie "Warme Quelle". 
500 Meter tief fallen an einigen Stellen die Felswände in die Tiefe. Und nur ein kleiner Teil des Geländes, das man problemlos mit dem Auto erreicht, ist eingezäunt. Am besten nimmt man sich etwa drei Stunden Zeit und lässt den Blick langsam über das grandiose Panorama schweifen. In aberdutzenden Windungen schlängelt sich der Fluss durch die Felsformationen. Anhand der tiefen Riefen und Kerben kann man sehen, wie er sich immer tiefer ins Gestein gefressen hat. Geo- und Mineralogen dürften ihre helle Freude an diesem Anblick haben und die Entstehung des Canyons minuziös nachvollziehen. Das einheimische Volk der San hat eine ganz andere Erklärung für die Canyon-Serpentinen. Sie glauben, dass ihre Vorfahren einst mit ihren Speeren eine riesige Schlange zu töten versuchten. Verwundet wand sich das Reptil vor Schmerz hin- und her und türmte so die großen Felsen auf. Die Windungen des Flusses sind nach den Überlieferungen der San demnach der Abdruck der getöteten Riesenschlange.Es ist aber auch kein Wunder: Die schiere Größe des Canyon muss die Vorfahren der Einheimischen nachvollziehbar beeindruckt haben.

Ab und zu starten an einem etwas nördlicher gelegenen View Point Wandergruppen zu einem "Hike" durch den Canyon. Keine ungefährliche Sache, je nach Jahreszeit. Zum einen ist da der reißende Fluss zum anderen kann es unten im Tal sehr, sehr heiß werden. Leider hat es schon Tote durch Hitzschläge oder Ertrinken gegeben. Wanderungen müssen mindestens zu fünft oder aber mit Führer unternommen werden und zuvor angemeldet werden. Lustig: In einer Trockenperiode haben drei verrückte Mitglieder eines Vespa-Clubs Ende der Sechziger Jahre den Versuch unternommen, mit ihren Mopeds durch den Canyon zu knattern. Eine Vespa liegt heute noch verrostet inder Schlucht. Zwei kamen durch...

In jedem Fall lohnt es sich aber auch bei der An- und Abfahrt zum Canyon die Augen offen zu halten. Man sieht Straussenvogel-Familien oder den bekannten Köcherbaum, aus dessen hohlen Ästen die Ureinwohner tatsächlich Köcher für ihre Pfeile machten.

Der nächste Stopp des Tentower-Teams: Der Caprivi-Zipfel im Nordosten Namibias.

Auch ein Wahrzeichen Namibias: Der Köcherbaum. Ein sehr genügsames Gewächs, der auch auf sehr steinigen Böden wächst und sogar eine recht stattliche Größe bekommt.