Zu Fuß: 228 Kilometer durch die Wüste

Tag 12

Irres Foto: Drei Oryx-Antilopen vor einer mächtigen, rostroten Düne in der Nähe von Sossusvlei, mitten in der Namib.
Die Namib - schon der Name dieser Wüste macht Durst. Die enormen Ausmaße des gigantischen, ca. 200 Kilometer breiten und 1000 Kilometer langen, ariden Streifens an der Westküste Namibias genießt man am besten in Sossusvlei (gesprochen: Sossuflée). Einem gottverlassenen Ort auf der Landkarte, mitten im Nirgendwo. Genießen ist so eine Sache. Normalerweise herrschen hier tagsüber weit über 40 Grad im Schatten. Flirrende Hitze steigt über dem rostroten Sand an Düne "45" auf, einem etwa 60 Meter hohen Ungetüm, die den 20-minütigen Aufstieg zur Strapaze macht. Mehrere kleine, blitzschnell krabbelnde Sandkäfer sind sogar deutlich schneller als durchschnittlich trainierte Mitteleuropäer. Auf einem gefährlich schmalen Grad geht es hinauf bis zum Gipfel der Düne, deren Rundumblick einem einmal mehr den Atem verschlägt. In glasklarer Luft kann man wohl hunderte Kilometer weit sehen. Hinter uns liegen die Gebirgsketten des Naukluft-Gebirges, vor uns die schier endlosen Dünenkämme der Namib.



Verloren an der Dünenflanke: ein Touristenpärchen wagt den Abstieg an der Ostflanke der Düne 45. Im roten Sand sehen die Leute echt winzig aus. Und: Es ist viel steiler als auf dem Foto rüber kommt.
Der Abstieg von Nr. "45", die ihren Namen übrigens nur einem Kilometerstein am Fuß verdankt, ist wie ein Freiflug in die Tiefe. Die Wahl fällt auf die senkrechte Abstiegslinie an der Westflanke: also einfach durch den tiefen Sand in gerader Falllinie nach unten. Das dauert 5 Minuten. Dafür sind die Schuhe anschließend voller Sand.
Wenig später, an einem Offroad-Trail, den man besser wirklich nur mit gut ausgestatteten 4WD Fahrzeugen im schweren Sand befährt, sehen ein paar Menschen aus, als könnten sie diesen Tag überhaupt nicht genießen. Auf dem Kopf tragen sie seltsame Mützen mit Nackenschutz-Tüchern, an den Füßen Goretex-Stulpen über sportlichen Wanderstiefeln. Dazu leichte Marschrucksäcke oder auch Nordic Walking Sticks. Wir glauben ernsthaft, auf ein paar Verrückte gestossen zu sein. Mit schmerzverzerrten, schweißgebadeten Gesichtern wandern sie uns in der sengenden, gnadenlosen Hitze entgegen. Plötzlich, an der nächsten Biegung, brandet Jubel auf. Im Schatten von ein paar Bäumen ist eine "Finish Line" aufgebaut. Das Ziel eines hammerharten Ultra-Marathon: Die "Irren" sind in nur 5 Tagen 228 (!) Kilometer durch die Namib gelaufen. Wir sind durch Zufall auf den Zieleinlauf gestoßen, der seinen Namen eigentlich nicht verdient. Ein Banner, zwei Beachflags - normalerweise ist hier nur Sand. Die älteste Teilnehmerin ist übrigens Edda. 68 Jahre alt und aus Baden. Einfach unfassbar: Sie kam eine halbe Stunde vor einem fit wirkenden, 15 Jahre jüngeren Südafrikaner ins Ziel, der mit seinen drei Söhnen (allesamt auch langsamer als Edda) den Namib- Marathon absolvierte.
Nach artigen Glückwünschen haben wir uns lieber schnell zum Jeep getrollt, bevor die Truppe uns gleich zum nächsten Namib-Ultra im kommenden Jahr mit anmeldet...

Nicht zu fassen: Ein paar Extremsportler gönnen sich jedes Jahr die Namib Desert Challenge. Ein 228 Kilometer langer Marsch durch die Wüste, der in nur 5 Tagen absolviert werden muss. Adresse sie Plakat im Foto.