Verblassender Charme und eine unbequeme Wahrheit - Swakopmund

Tag 11
Schönes Warnschild am Straßenrand: Vorsicht, Elefanten kreuzen. Auf dem Weg Richtung Westen zur Küste sind die so genannten Wüstenelefanten zu Hause. Diese sind sehr selten anzutreffen und meist deutlich aggressiver als ihre Artgenossen. Gesehen haben wir leider keine, aber dafür stantden kurz nach dem Schild plötzlich Esel auf der Straße.
Knirschend fliegt der Schotter unter den Reifen davon und trommelt unaufhörlich unter den "Hardbody" unseres Nissan. Es ist eine lange Fahrt vom Mowani Mountain Camp zur Westküste nach Swakopmund. Staub ist der ständige Begleiter auf den "Gravel-Roads", den Schotterpisten, die mal besser, mal schlechter ausgebaut sind. Waschbretter, also die mit engen ausgewaschenen Querrillen versehenen Streckenabschnitte, nimmt man besser mit Vollgas und donnert mit 100 bis 120 km/h darüber hinweg. Dabei sollte man immer schön in der Mitte der Straße bleiben, um bei einem Reifenplatzer noch Zeit zum Reagieren zu haben. Bislang haben wir noch kein Gummi verloren - zwei Ersatzreifen liegen hinten in der Wanne des Pick Up. Einen Erste-Hilfe-Kasten und einen elektrischen Reifendruckkompressor (ca. 10 Euro im Supermarkt in Windhuk) sollte man immer dabei haben - denn die haben die meisten Autovermieter nicht im Angebot. Gerade ein Verbandskasten muss mit. Es vergehen oft mehrere Stunden, bis bei einem Unfall Hilfe zur Stelle ist. Rettung aus der Luft gibt es nur selten.




Der Doppeltank des Nissan ist randvoll, also wagen wir es in die Namib. Zuvor fahren wir über kurvige Schotterstrecken hinab aus den Bergen, durch kleine Siedlungen. Ab und zu steht ein Schild am Straßenrand, das vor querenden Elefanten warnt. Der mächtige Brandberg ragt im Nordwesten auf. Dann zieht sich die Piste schnurgerade bis zum Horizont, wo flirrend die Hitze aufsteigt und wieder für seltsame Spiegelungen sorgt. Stunde um Stunde geht es so weiter. Hölzerne Strommasten fliegen vorbei. Niemand begegnet uns. Kein Auto fährt in unsere Richtung. Es wird richtig unheimlich. Was, wenn es jetzt eine Panne gibt?
Nach über 350 Kilometern ist plötzlich Nebel zu sehen. Hier trifft der kalte Bengalstrom des Atlantiks auf die Westküste Namibias während die Luft beim Aufstieg sofort kondensiert. Schlagartig fallen die Temperaturen von fast 40 auf angenehme 27 Grad. Und endlich gibt es auch wieder einen "Teerpad" - also eine asphaltierte Straße.

Das Wrack eines Fischtrawlers ist der erste apektakuläre Anblick an der Skeleton-Coast, der Skelettküste, auf dem Weg nach Swakopmund. Die oft durch den Bengalstrom sehr neblige Küste wurde schon oft zum Schicksal manches Schiffes. Selbst heute mit modernen Navigationsgeräten gilt die Küste als unberechenbar.
Keine Lust auf Farben? Doch! Die Namibier mögen es eher bunt. Hier zu sehen: Ein kleines gehöft an der Küste, nördlich von Swakopmund. Die Fässer auf den Gerüsten sind kleine Wassertürme.
In Swakopmund selbst, der wohl am meisten "deutsch" gebliebenen Stadt Namibias, steigen wir im alten Bahnhof ab. Unverkennbar: der alte, viktorianische Stil aus der Kaiserzeit. Eigentlich ein tolles Ambiente. Doch es gibt eine unbequeme Wahrheit für manchen multikulti-beseelten Afrika-Touristen, der glaubt, dass es höchste Zeit sei, die Dominanz der Weißen in den Führungspositionen des Tourismus zu brechen. Nichts läuft zusammen. Unfreundlich raunzt einen das Hotelpersonal bei jeder Gelegenheit an. Jeder Gang scheint einer zu viel. An allen Ecken und Enden müsste man Reparaturen durchführen. Der Duschvorhang ist von Schimmel befallen und die Klimaanlage verströmt einen derart moderigen Geruch, dass man am liebsten abreisen möchte. Der einstige Charme des Hotels ist tatsächlich völlig verblasst.
Und genau diejenigen, die vorher wortgewaltig über die eben angesprochene Dominanz der Weißen in Schlüsselpositionen maulten, sind jetzt diejenigen, die am lautesten mosern. Eine deutsche Mitfünfzigerin, die ihre "Studienreise" mit der Volkshochschule unternimmt, ist so richtig auf der Zinne. Angetan mit einem bezaubernden Kaftan mit Elefantenaufdruck beschwert sie sich lautstark bei der Reiseleitung über das grauenhafte Frühstücksbüffet und den Service. Die Farbigen wären sowas von unfreundlich, das hätte sie nun wirklich nicht erwartet. Wo man doch immer so verständnisvoll sei und sie großzügig Trinkgeld gebe, jammert sie.

Das genau ist übrigens ein Problem. In afrika herrscht ein vollkommen anders Lohngefüge. Wer als Tourist dann plötzlich mit Geldscheinen um sich wirft, sorgt für das (ohnehin verbreitete) Bild bei den Schwarzen, dass alle weißen Touristen schwer reich sind - was wiederum die Hemmschwelle bei ungewünschten "Umverteilungsaktionen", eben Diebstähle, extrem sinken lässt. Das Thema Schwarz/weiß ist insgesamt sehr komplex und würde hier den Rahmen sprengen. Aber eine  Erfahrung machen wir immer öfter: Wenn keine weißen Afrikaner die Einrichtungen führen, herrscht eine seltsame Gleichgültigkeit und vieles bleibt einfach liegen. Wir sind mittlerweile "afrikafest" und haben ohnehin nur einen Tag in Swakopmund. Ein Schlendern durch die Einkaufsstraße, ein Besuch im Brauereihaus an der Strandpromenade und man ist quasi durch. Der Sonnenuntergang ist prima. Nur zum Baden ist das Meer leider auch im Hochsommer durch den Bengalstrom meist deutlich zu kalt...
Unverkennbar deutsche Architektur: Diese Kirche in Swakopmund könnte so auch in Deutschland stehen. Nur der Linksverkehr und die englischen Straßenmarkierungen zeigen, dass man nicht zuhause ist. Und das Wetter ist meist auch besser...